BetonGold – Bernd C. Dietrich

Nachhaltigkeit und Kulturgeschichte umrankt das metaphorische Kompositum „BetonGold“ mit dem Bernd Caspar Dietrich einen neuen ästhetischen Dialog startet. Nach einem Zyklus von rund vierzig WHEELs mit konzentrischen Erzählungen von 2014 bis 2020 beschäftigt sich Dietrich mit dem dialektischen Charme und der polarisierenden Ästhetik von Beton und Betonoberflächen. Damit vertieft er auch seinen Materialkanon durch den geschichtlichen Werkstoff Beton.

Einen ganzen „Beton“ Stadtteil hat der bekannte Architekt und Künstler Le Corbusier Mitte der 1960-er Jahre in Firminy-Vert konzipiert und hinterlassen. Die raumgreifenden schlicht geometrischen Formen, die martialischen Sichtbetonkonstruktionen vermitteln noch heute – wenn auch durch Sanierungsstau in die Jahre gekommen – einen idealisierten Anspruch mit kraftvoller Authentizität und ethischem Wollen, die sozialen Aspekte moderner Architektur in den Mittelpunkt zu stellen: Kurze Wege verbinden Schule, Sportstadion, Jugend- und Kulturzentrum, ein Wohnkomplex und die Kirche. „Grob, herb, ehrlich“ vermittelt sich der moderne Baustil des Brutalismus. „Oberbegriff für sehr vielfältige ästhetische Bewegungen“, so der Kunsthistoriker Nikolaus Bernau, „die aber alle meinten, die modernen, industrialisierten Massengesellschaften bräuchten eine möglichst kraftvolle Kunst. Deswegen ist auch das französische „brut“ in brutalisme, zu übersetzen mit „rau“, „grob“, „herb“ oder „ehrlich“, so viel passender als das englische oder deutsche Wort „brutal“ in brutalism oder Brutalismus, dem der Unterton von Gewalt anhängt. Dabei wollten die Architekten jener Jahre die Nutzer ihrer Bauten geistig befreien, zum Sehen bringen, ihnen Sinnlichkeit statt Kommerz-Design anbieten“.

Mit „BetonGold“ nimmt Bernd Caspar Dietrich den multiperspektivischen Diskurs in seinen Bildern auf. Mit seinen neuen 2,20 x 2,00 Meter großen Leinwänden, die Titel wie „Baulöwe“ und „Wolkenkratzer“ tragen, liefert er handwerkliche Meisterstücke, um in Gespräche über Verantwortung zu kommen. „Die Ästhetisierung der Oberflächen ist für mich wichtig, um über elementare Werte zu sprechen“, so der Künstler. Macht, Eigentum, Gentrifizierung und das elementare Bedürfnis zu wohnen – ist Wohnen ein Menschenrecht? Welche gesellschaftliche Verantwortung leitet sich daraus ab, wenn ich mir für 60.000 Euro einen Quadratmeter in einer charmanten Citylage leiste? Bernd Caspar Dietrich formuliert: „Wer sich einen Raum nimmt trägt auch Verantwortung, der Allgemeinheit etwas zurückzugeben und sie zu beschützen!“

Gold wird seit Jahrtausenden als ritueller Rohstoff, Sinnbild für das Edle und Schöne und Zahlungsmittel genutzt. Kaum ein anderes Material ist so beständig, werthaltig und bezaubernd, berührt durch seinen warmen Glanz und die Macht, die von ihm ausgeht. Gold ist ein seltenes Metall auf unserem Planeten, rund tausend Tonnen Gestein werden verarbeitet um nur vier Gramm Gold zu gewinnen. Wird das kollaterale Gestein für Beton verwendet? Wie dem auch sei, auch Beton und die Forschung der Baumeister rund um beständige Materialien für den Hausbau reichen viele Tausend Jahre zurück. So liefert „BetonGold“ Anlass für das gemeinsame Gespräch: der optische Reiz und der tatsächliche Wert.


Von Hella Sinnhuber

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